Aus dem völlig überproduzierten Album „Empire Burlesque“ ragen zwei Songs heraus. Einer davon ist „I’ll Remember You“. Auch er wird bei „The Love Songs Of Bob Dylan“ am 23. Mai in Darmstadt erklingen
Der Song hat mich sofort gefangen. Schon als ich das erste Mal „Empire Burlesque“ bei erscheinen 1985 gehört habe, ragte er für mich heraus. Nicht so verkompliziert wie „Tight Connection“ (das schräge Video dazu entdeckte ich erst viel später), nicht so totproduziert wie „When The Night Comes Falling“, nicht so verkitscht wie „Emotionally Yours“, dem Song für Elisabeth Burton.
Ein Song, der berührt
Neben „Dark Eyes“ war „I’ll Remember You” der Lichtblick auf dem Album. Das war wieder ein Song, den ich damals gerne vor mir her sang, dessen Lyrik mich berührte.
“I’ll remember you
When I’ve forgotten all the rest
You to me were true
You to me were the best”
Der Auftakt zu einem bitter-süßen Song, der eine Situation beschreibt, die viele kennen, mit Worten und Bildern erzählt, die sonst keiner findet und die dennoch so vertraut sind.
“When there is no more
You cut to the core
Quicker than anyone I knew
When I’m all alone
In the great unknown
I’ll remember you”
Der Sänger erinnert sich noch ganz genau an diese Liebe. Von der man nicht weiß, ob es eine längere Beziehung oder nur eine kurze Affäre war. Das macht auch keinen Unterschied. Dylan erinnert sich mit großem Respekt an diese vergangene Liebe. Eine Frau mit scharfem Verstand, denn sie bringt die Dinge auf den Punkt wie kein anderer.
“There’s some people that
You don’t forget
Even though you’ve only seen him one time or two”
Und diese Frau war auch sehr empathisch. Sie erinnerte sich an Leute, auch wenn sie die nur ein, zwei Mal gesehen hatte.
Warum das Ganze wieder gescheitert, so dass der Song ein trauriges Liebeslied werden musste, bleibt ganz Dylan-like mal wieder unklar. Aber wie sie mit der Trennung zurechtgekommen und umgegangen ist, da war sie besser drin als er.
“It was you who came right through
It was you who understood
Though I’d never say
That I done it the way
That you’d have liked me to”
Denn er leidet bis heute, wenn er sich an sie erinnert. Stellt sich quälende Fragen und findet zärtlich-mystische Bilder für die Frau und der Beziehung zueinander.
“Didn’t I, didn’t I try to love you?
Didn’t I, didn’t I try to care?
Didn’t I sleep, didn’t I weep beside you
With the rain blowing in your hair?
I’ll remember you
When the wind blows through the piney wood”
Und weil das alles so war. Weil die Beziehung so gut war, wie ihr Ende wohl zwangsläufig und hart, darum erinnert er sich immer wieder an sie. Bis zum Ende aller Dinge.
“In the end
My dear sweet friend
I’ll remember you”
Der ultimative Song für sentimentale Rückblenden. Ein Song, der berührt und der gleichzeitig auch immer ein bisschen Halt für die unglücklich Verliebten gibt.
Der Song für sentimentale Rückblenden
Ich sah diesen Song immer als den besseren im Vergleich mit dem weitaus (kommerziell) erfolgreicheren „Make You You Feel My Love“ von 1997. Ich höre eine Ähnlichkeit in der Melodie heraus. Vielleicht muss man „Make You Feel My Love“ als Prequel zu “I’ll Remember You” sehen. “Make You Feel” ist Anbahnung, “Remember” ist Rückblick“ nach der gescheiterten Umsetzung. Doch ich fand die Bilder beim von Adele, Garth Brooks und Billy Joel zum Hit gemachten 1997er Song, der irgendwie so wenig zum Rest von „Time Out Of Mind“ zu passen schien, immer zu naheliegend, zu einfach, zu wenig Dylan-like. Aber vielleicht war er gerade deshalb so erfolgreich?
Wer weiß, was mit „I’ll Remember You“ geschehen wäre, hätte ihn Dylan nicht in den für ihn verheerenden 1980er Jahren, sondern nach seinem Comeback 1997/98 veröffentlicht? Er hätte es verdient, solch einen Erfolg wie „Make You Feel My Love“ zu haben.
„I’ll Remember You“ und „Make You Feel My Love“
Beide Songs werden natürlich bei „The Love Songs Of Bob Dylan am 23. Mai in Darmstadt erklingen. Denn schließlich war es Bernd Hoffmanns Version von „Make You Feel My Love“ und seine Worte dazu, die mich auf die Idee des Love Songs-Abends brachten. Bernd Hoffmann wird ihn in einer Video-Einspielung zum Programm beisteuern.
Mit „Make You Feel My Love“ habe ich 2019 meinen Frieden gemacht. Bob Dylans Live-Darbietung in jenem Sommer auf dem Schlossplatz von Stuttgart hat mir gezeigt, dass jedes einzelne Wort wahr wirkt, wenn man es mit der richtigen Haltung singt. Das war neben „Girl From The North Country“ der Gänsehaut- und Tränenmoment des Konzerts.
The Love Songs Of Bob Dylan
Und so freue ich mich „I’ll Remember You“ wieder einmal live zu hören: Gut zwanzig Jahre lang, von 1985 bis 2005 hat Bob Dylan ihn immer wieder einmal gespielt. Einmal, in Wiesbaden 1993, durfte ich ihn live von Bobby hören. Am 20. Mai wird er als Duett erklingen. Mehr wird nicht verraten.
Thomas Waldherr präsentiert Americana, The Love Songs Of Bob Dylan, Darmstadt – Bessunger Knabenschule, 23. Mai, 20 Uhr. Tickets: www.knabenschule.de .